• Satzungen der Sebastiani-Bruderschaft

    Satzungen der Rheinfelder Sebastiani-Bruderschaft, 1696. Fricktaler Museum

    Das Satzungsbüchlein ist ein seltenes Zeugnis der sogenannten Sebastiani-Bruderschaft von Rheinfelden, einer im Jahr 1682 gegründeten, jüngeren Bruderschaft, die sich kirchlichen und karitativen Aufgaben widmete. Im Gegensatz zur älteren, 1541 ins Leben gerufenen Sebastiani-Bruderschaft, die als Pestbruderschaft entstand und mit dem traditionsreichen Brunnensingen eng verbunden ist, hatte diese spätere Gemeinschaft keine Verbindung zu jenem Brauch. In die 1682 gegründete Bruderschaft konnten beliebig viele Mitglieder, darunter auch Frauen, aufgenommen werden. Ihr Bestand endete im 18. Jahrhundert, als sie unter der Herrschaft Josephs II. (1741–1790) aufgehoben wurde. Beide Bruderschaften – die ältere von 1541 und die jüngere von 1682 – wirkten von 1680 bis Ende des 18. Jahrhunderts parallel.

    Die Satzungen der jüngeren Bruderschaft

    Das 1696 gedruckte Bruderschaftsbüchlein enthält die Statuten, einen Bericht über die Pest von 680 in Italien, Ausführungen zur Entstehung der Verehrung des heiligen Sebastian, eine detaillierte Darstellung seiner Legende sowie zahlreiche Gebete. Die erste Seite des zeigt den an einen Baum gefesselten, mit Pfeilen durchbohrten heiligen Sebastian, im Hintergrund die Stadt Rheinfelden und den Rhein. Unter der Darstellung findet sich der Vers:

    O Edler Held Sebastian:
    Ein Zuflucht der Betrüebten /
    Dich ruffen wir Rheinfelder an,
    Vor Pest thue uns behüeten.

    Die Bruderschaft von 1541 und das Brunnensingen

    Die Ursprünge der Sebastiani-Bruderschaft reichen zurück in die Zeit der verheerenden Pestzüge des 16. Jahrhunderts, als Rheinfelden besonders schwer getroffen wurde. Damals glaubte man, die Pest werde durch verunreinigtes Wasser übertragen, weshalb der Schutz der Brunnen durch strenge Vorschriften geregelt wurde. Zwölf angesehene Bürger der Stadt gründeten 1541 die Bruderschaft, benannt nach dem heiligen Sebastian, der als Schutzpatron der Pestkranken galt. Ihr selbstloses Wirken bestand in der Pflege der Kranken und der Bestattung der Pesttoten – Aufgaben, die mit höchster Lebensgefahr verbunden waren, da eine Ansteckung nahezu unvermeidlich schien.

    Als Zeichen ihrer Solidarität und in der Hoffnung auf göttlichen Beistand verpflichteten sich die Brüder, alljährlich in der Heiligen Nacht und an Silvester an den Brunnen der Stadt ein Dankeslied zu singen. Dieser Brauch, das Brunnensingen, hat sich bis heute nahezu unverändert erhalten und zählt zu den ältesten lebendigen Traditionen der Schweiz. Die zwölf schwarz gekleideten Männer ziehen dabei mit einer Laterne durch die dunkle Altstadt, machen an den sechs Hauptbrunnen Halt und singen traditionelle Lieder, um den Segen für das neue Jahr zu erbitten und der früheren Zeiten zu gedenken.

    1696
    FMR L.653